Wer viele Pornos konsumiert, hat mit höherer Wahrscheinlichkeit Probleme mit seiner Erektion. Dies ergab eine neue Studie belgischer Forscher. Auch auf das Sexleben mit dem realen Partner wirke sich der Untersuchung zufolge erhöhter Pornokonsum negativ aus.
Für zwei Drittel sind Pornos adäquater Sex-Ersatz
Die Ergebnisse einer neuen Studie, die jüngst auf einem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Urologie vorgestellt wurde, dürften vielen Männer nicht gefallen. Wie Wissenschaftler aus Belgien, Dänemark und Großbritannien herausfanden, besteht ein Zusammenhang von Pornokonsum und Erektionsstörungen. Außerdem sinke der Spaß am „normalen“ Sex, wenn viel Pornos geguckt wird.
An der 118 Fragen umfassenden internationalen Online-Umfrage zu Themen wie Selbstbefriedigung nahmen rund 3.200 Männer teil. Voraussetzung für die Teilnahme war es, in den vier Wochen zuvor Sex gehabt zu haben.
Von den Befragten unter 35 Jahren berichteten mit 23 Prozent fast ein Viertel, dass sie Erektionsstörungen beim Sex mit ihrem Partner haben. Möglicher Grund: Sex in Pornos wird als erregender empfunden als in der Realität. Denn dass erotische Spielereien in frivolen Clips stimulierender für sie sind gaben ganze 65 Prozent, also etwa zwei Drittel, aller Umfrageteilnehmer zu. Weitere 90 Prozent spulen in Pornos sogar stets bis zur erregendsten Stelle vor.
Und das ist wenig verwunderlich, da es vielen Männer nicht mehr genügt, einfach nur einen Porno zu schauen. Der in den Videos gezeigte Sex muss immer extremer sein, damit überhaupt noch die gewünschte Wirkung erzielt wird. Auch das geht aus zahlreichen Antworten der Studie hervor.
Die Frequenz des Pornokonsums wurde ebenfalls erfasst. Hierzu sagte Gunter de Win, Leiter der Studie und Professor an der belgischen Universität Antwerpen: „Männer schauen ziemlich viel Pornos, im Durchschnitt etwa 70 Minuten pro Woche, normalerweise für 5 bis 15 Minuten.“ Geht man davon aus, dass nur maximal einmal pro Tag Pornos geschaut werden und jede Session eines durchschnittlichen Konsumenten 15 Minuten dauert, bedeutet das hochgerechnet, dass es jede Woche nur zwei Tage gibt, an denen gänzlich auf Pornos verzichtet wird. Verglichen mit dem Spitzenwert, der bei unglaublichen 26 Stunden liegt, ist das aber kaum der Rede wert.
Repräsentativität fraglich
Professor de Win räumt ein: „Es ist eine Befragung und keine klinische Studie. Und es könnte sein, dass die Männer, die geantwortet haben, nicht repräsentativ für die ganze männliche Bevölkerung sind.“ Allerdings: Die Stichprobe sei groß und zeige einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Zeit, die fürs Pornoschauen genutzt wird, und Erektionsstörungen beim Sex mit realen Partnern.
Der Forscher kommt zu dem Schluss: „Es besteht kein Zweifel, dass Pornos die Art und Weise beeinflussen, wie wir Sex sehen.“ Unzufriedenheit mit realen sexuellen Begegnung ist daher nicht unwahrscheinlich – und infolgedessen eben auch Probleme mit der Potenz. Zu dem umgekehrten Fall, also ob Erektionsstörungen zu häufigerem Pornokonsum führen können, wurden keine Aussagen getroffen.
Psychologen schlagen Alarm
Welche Ursachen Potenzstörungen haben könnten, wird seit Jahren in der Psychologie diskutiert. Genannt werden körperliche Gründe wie Verletzungen und Gefäßerkrankungen, aber auch psychische – meist mit Stress als Nummer-1-Auslöser.
Und auch über den Einfluss von Pornos wird sich in dem Zusammenhang ausgetauscht. Tabea Freitag, Psychotherapeutin aus Hannover und Gründerin der Fachstelle Mediensucht „return“, weist auf eine bedenkliche Entwicklung hin: „Gewalt und Erniedrigung ist zum normalen Bestandteil der Mainstream-Pornografie geworden. Vor allem jüngere Männer erwarten zunehmend von ihren Partnerinnen, schmerzhafte Praktiken mitzumachen.“
Psychologen am Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung konnten mit einem Magnetresonanztomografen sogar herausfinden, dass sich bei Männern, die viele Pornos konsumierten, die Gehirnstruktur verändert hat. Ob nun aber tatsächlich mit relativer Sicherheit gesagt werden kann, dass ein Zusammenhang von Pornokonsum und Potenzstörung besteht, muss sich erst noch in weiteren Experimenten und Studien zeigen.